AmMa65 bleibt!

20 Nov
Malplaquetstraße Amsterdamer Straße

Copyright AmMa65 e. V.

Die Eckhäuser in der Amsterdamer Straße 14 und Malplaquetstraße 25 stehen zum Verkauf. Die Bewohner*innen organisieren sich. Sie wollen die Häuser kaufen, um die 29 Wohnungen für die Menschen, die sie brauchen, zu erhalten. Wir veröffentlichen hier ihr Statement.

Wer sind wir? Wer ist AmMa 65?

Zunächst leben wir. Und das nicht irgendwo – nein, wir leben in unserem geliebten Kiez, dem Wedding 65. In den Eckhäusern der Amsterdamer Straße 14 und Malplaquetstraße 25. Für uns ist es die schönste Ecke der Welt – na gut, vielleicht auch nur die schönste Ecke, die wir kennen. Wir sind Handwerker*innen und Akademiker*innen, Philosoph*innen und Hartz-IVEmpfänger*innen, Tontechniker*innen und Student*innen, Rentner*innen und Dokumentarflmmacher*innen, Kneipenbesitzer*innen und Kneipen*besucher*innen, Gebrauchtwarenverkäufer*innen und Filmproduzent*innen, Künstler*innen und Psycholg*innen, Solzialarbeiter*innen und Mini*jobber*innen, selbständig oder festangestellt, manche sind auch beides. Wir sind bereits in Rente, besuchen schon die Kita, gehen zur Schule oder warten noch in Mamas Bauch auf unsere Ecke, die schönste Ecke – die wir kennen. In 29 Wohnungen leben wir als Familien, Singles und in Wohngemeinschaften. Oder wir arbeiten in unseren 3 Gewerben, der Kiezkneipe „Café Morena“, in unserem „Mini-Kaufaus Meyer“ oder unserer Galerie „Montagehalle“. Manche von uns leben seit vielen – vielen Jahrzehnten hier, andere erst seit Kurzem und wie gesagt, manche wissen noch gar nicht, dass sie hier leben, in der für uns schönsten Ecke, die wir kennen.

Unsere Pässe und Muttersprachen sind verschieden, unser Alter ist es auch – doch eines eint uns: Unsere Liebe am Zusammen- und Miteinanderleben, in unserer geliebten Ecke, der schönsten… Okay. Ihr wisst, was wir meinen. Dieses Miteinander und manchmal auch Zusammen ist gewachsen mit der Zeit. Manche hegten enge Kontakte, andere eher lose. Doch das änderte sich mit der Zeit. Die Hofeste vereinten wie die Flohmärkte in ebendiesem. Kohlen wurden zusammen bestellt, die Fahrräder ineinander verkeilt, die Blumen im Hinterhof gemeinsam gegossen. Wenn jemand lieber für sich sein wollte – auch kein Problem. Ein netter Gruß ging doch immer.

Doch nun verbindet uns auch die Angst – wie die Entschlossenheit – gleichermaßen. Unser Haus steht zum Verkauf. Investoren bevölkern unsere geliebte Ecke. Sie wollen es kaufen, sanieren und teuer weiterverkaufen. Und was ist mit uns? Die leider nicht unbegründete Sorge, wir könnten das Zuhause, unsere geliebte Ecke, unser gewachsenes Miteinander verlieren, hat zu einem noch größeren Zusammenhalt und einer beeindruckenden Solidarität untereinander geführt. Es traf uns nicht ganz unvorbereitet. Seit Frühjahr 2016 gab es Trefen, um sich für einen solchen Fall zu rüsten. Denn in unserer Gegend werden Wohnungen immer seltener als Orte angesehen, die Menschen ein Zuhause und eine Gemeinschaft geben. Sie werden vielmehr als gewinnbringende Wertanlagen gesehen, in welchen Mieter*innen, die im ständigen Preiskampf um Wohnraum nicht mithalten können – nur stören! Die Verdrängung einkommensschwächerer Schichten im Kiez ist die Folge. Nicht abstrakt, sondern konkret. Diesmal trift es uns. Aber es kann jeden treffen, der nicht schon in einem luxussanierten Haus lebt.

Doch wir kämpfen. Für uns. Für den Kiez. Für Wohnen als Selbstverständlichkeit und nicht als Ware. Und nicht zuletzt für unsere schönste Ecke.

Wie funktioniert das?

Um unsere geliebte Ecke dem Spekulationsmarkt zu entziehen, müssen wir sie kaufen. Bei einem Kaufpreis von 3,5 Millionen Euro und ca. 1,5 Millionen Sanierungskosten ist dies gar nicht so einfach. Schließlich verfügt niemand von uns über so viel Geld. Hierbei stellt das Eigenkapital die größte Hürde für Projekte wie unseres dar, um hernach erst mit der Bank in Verhandlung über einen noch größeren Immobilienkredit treten zu können. Und erst durch diesen ist ein Hauskauf dieser Größenordnung möglich.

Daher sind wir auf Menschen angewiesen, die uns ihr Geld leihen. Meistens sind das kleine Kredite ab 500 Euro aufwärts, die über eine bestimmte Laufzeit zwischen 0% und 2% verzinst sind und durch die Mieteinnahmen gedeckt werden. Ein Investor hat zwar viel Geld, dass er gewinnbringend anzulegen vermag. Aber so eine schöne Ecke wie unsere – ein Mietshaus mit vielen Bewohner*Innen – hat dafür Familie, hunderte guter Freund*innen, Kolleg*innen, Nachbar*innen, die sie unterstützen können! So kann es auch Mietgemeinschaften gelingen, einem DAX-Unternehmen die Stirn zu bieten. Entprivatisiert und unverkäufich Niemand von uns will Haus oder Wohnungen privat erwerben. Wir wollen eine GmbH gründen, die durch unseren Hausverein AmMa 65, in dem die Bewohner*innen Mitglied sind, kontrolliert wird. Die Mieter*innen entscheiden über alle hausrelevanten Belange auf regelmäßigen Versammlungen selbst. Um unser Haus und seine Bewohner*innen auch in Zukunft von Spekulationsangst zu bewahren, planen wir die Kooperation mit einem starken Partner, der als zweiter Gesellschafter neben unserem Verein AmMa 65 Gesellschafter unserer GmbH wird. Dieser Gesellschafter ist die zweite Kontrollinstanz gegen zukünftige Spekulationen auf Wohnraum, da er mit seiner Stimme den Hausverkauf blockieren kann und soll. Dies wird so seit vielen Jahren beispielsweise vom Mietshäuser Syndikat, aber auch dem Martinswerk e.V. praktiziert. Also größtmögliche Selbstverwaltung des Wohnraums bei größtmöglicher Sicherheit für die Zukunft – über Generationen und damit auch über uns hinweg.

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